Flambahn
- corinnamatthiessen
- 4. Aug. 2024
- 4 Min. Lesezeit
3.8.2024 - Flåmbahn und Hike & Bike auf dem Rallarvegen
Heute morgen ist es bewölkt. Wir beginnen den Tag entspannt vor der Hütte, bis es gegen 11:30 Uhr nach Flåm geht. Wir haben für 12:10 Uhr ein Kombipaket aus Zugfahrt mit der Flåmbahn, Wandern und Radfahren auf dem Rallarvegen gebucht. Die Zipline lassen wir aus, mit 800 Nok pro Person ein etwas teurer Spaß, auch wenn es sich um die längste Zipline Skandinaviens mit einer Spannweite von 1.381 Metern handelt.
Die Schlange am Zug ist schon sehr lang, als wir um 11:50 Uhr ankommen. Ob wirklich alle wartenden Personen in den Zug hineinpassen? Passen sie und wir ergattern sogar einen schönen Platz im Zug am Fenster. Es kann losgehen.

Die Flåmbahn führt von Flåm am Aurlandsfjord auf Meeresniveau innerhalb einer Stunde hinauf zur Bergstation Myrdal auf 867 Meter, welches auch direkt an der Bergenbahn liegt und Anschluss an die Züge nach Bergen und Oslo gewährt. Mit dem Bau der 20 km langen Bahnstrecke wurde 1923 begonnen, um eine Verbindung von der Bergenbahn hinunter zum Sognefjord zu schaffen, der ganzjährig durch Schiffe befahren werden kann. Die Strecke gilt als ein Meisterwerk der Ingenieurskunst: als eine der steilsten Normalspurstrecken der Welt verlaufen 80 % der Strecke mit einer Steigung von 5,5 %, ganze 20 Tunnel, von denen 18 von Hand gebaut wurden, werden durchfahren, einer der Tunnel nimmt sogar eine 180-Grad-Kurve im Inneren des Berges.
Los geht's. Die Bahn führt zunächst aus dem Ort hinaus vorbei an den Stationen Lunden und Hareina. Hier liegt der alte Ortskern von Flåm mit der 1967 erbauten Kirche. Auf der rechten Seite ist der Wasserfall Rjoandefossen mit einer vertikalen Fallhöhe von 140 Meter zu bewundern. Weiter windet sich die Bahn durch grüne Täler und entlang tiefer Schluchten, Wasserfälle stürzen über schroffe Felshänge. Die Szenerie ist atemberaubend und wild und bietet unzählige Möglichkeiten für Fotografien.


Am Bahnhof Berekvam auf halber Strecke zwischen Flåm und Myrdal warten wir einige Minuten auf den entgegenkommenden Zug. Bald darauf fährt die Bahn durch den Nali-Tunnel, der mit 1.340 m der längste Tunnel der Flåmbahn ist. Und dann erreichen wir schließlich die berühmteste Station der Strecke, den Kjosfossen-Wasserfall. Der Zug legt hier einen Zwischenstopp ein und wir haben die Möglichkeit, auszusteigen und den imposanten Wasserfall zu bestaunen, der über 225 Meter in die Tiefe rauscht. Eine dramatische Musik beginnt, sie erinnert ein wenig an irischen Folk oder Herr der Ringe. Ich bin so beschäftigt, ein schönes Foto vom Wasserfall inmitten der Menschenmenge zu machen, dass ich erst sehr viel später die Tanzeinlage auf einer alten Ruine direkt neben dem Wasserfall wahrnehme. Dies erklärt vielleicht den hohen Fahrpreis der Zugfahrt. Für mich ist diese touristische Darbietung allerdings ein wenig zu kitschig.
Nach dem Wasserfall geht die Fahrt weiter durch den Kehrtunnel, der im Inneren des Berges eine 180 Grad Wendung macht. Am nun folgenden Bahnhof Vatnahalsen verlassen wir mit zahlreichen anderen Passagieren den Zug. Hier befindet sich auch der Startpunkt für die Flåm Zipline. Mittlerweile bin ich ziemlich froh, diese nicht gebucht zu haben. Es geht ganz schön tief hinunter.
Vom Startpunkt der Flåm Zipline hat man einen wunderbaren Blick über das Tal und den alten Bahnarbeiterweg "Rallarvegen", der sich mit scharfen Kehren den Myrdalberg hinaufwindet.

Der Rallarvegen ist ein Relikt der Bauarbeiten für die Bergenbahn, die um 1900 quer über das bis dahin weglose Hochplateau Hardangervidda gebaut wurde und diente der Anlieferung von Baumaterial und der Versorgung der Bauarbeiter. Der Abschnitt des Rallarvegen von Myrdal hinunter nach Flåm wurde erst um 1920 angelegt, als mit dem Bau der schließlich 1941 fertiggestellten Flåmsbahn begonnen wurde. Heute ist die insgesamt 82 km lange Strecke eine der schönsten und berühmtesten Radwege Norwegens.
Wir gehen den Seitenabschnitt von Myrdal bzw. Vatnahalsen, teils zu Fuß, teils mit dem Rad. Zunächst wandern wir die Kehren hinab. Hier schlängelt sich der Rallarvegen in 21 Serpentinen mit 18 % Gefälle abwärts und fällt auf einer Distanz von knapp zwei Kilometern fast 300 Höhenmeter nach unten. Der Ausblick ist überwältigend.

Links vom Weg stürzt ein Bach dramatisch den steilen Abhang hinunter ins Flåmsdalen und verführt mich zu immer neuen Fotostopps.
Unten ankommen führt die Strecke etwas flacher am Bach entlang bis zum alten Milchhof „Rallarrosa" in Kårdal, ein traditioneller Bergbauernhof, der selbstgemachten Ziegenkäse verkauft. Hier am Endpunkt der Zipline erhalten wir unsere Fahrräder inklusive Verhaltensregeln und Helm.
Nach einer kurzen Rast geht die wilde Fahrt über den weiteren Verlauf des Rallarvegen ca. 17 km bis nach Flåm los. Okay. In meinem Fall ist die Fahrt eher verhalten und vorsichtig, zumindest solange sie noch über einen Schotterweg geht.
Wir kreuzen mehrfach die Gleise und haben sogar die Möglichkeit, den Passagieren der vorbeifahrenden Flåmbahn zuzuwinken.

Hier in Høga kreuzt die Bahn den Fluss. Anstatt eine Brücke zu bauen, hat man sich dafür entschieden, den Fluss durch einen Tunnel unter den Gleisen durchzuleiten.

Mittlerweile ist der Schotterweg einer asphaltierten Straße gewichen und in rasanter Fahrt geht es Flåm entgegen. Wir bewundern noch kurz den Wasserfall Rjoandefossen, den wir schon vom Zug aus gesehen haben.

Schließlich erreichen wir beinahe gemütlich die ersten Häuser von Flåm, vorbei an der alten Kirche und einem roten Schulgebäude geht es entlang des einzigen Hotels in Flåm zur Abgabestation unserer Fahrräder. Es war eine abenteuerliche Fahrt, die großen Spaß gemacht hat.
Auf dem Rückweg nach Aurland folge ich einem Schild mit dem mit mittlerweile bekannten Zeichen für Aussicht/ Sehenswürdigkeit rechts den Berg hinauf. Wir haben Zeit, also warum nicht ? Die Straße ist allerdings sehr schmal und führt in Serpentinen den Berg hinauf. Ob das eine gute Idee war ?
Der Weg führt uns zu Otternes, ein im Originalzustand erhaltenes Bauerngehöft. Das älteste der 26 Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert und man stellt sich unweigerlich vor, wie die Leute zwischen den Häusern herumliefen. Hier hat man auch einen traumhaften Blick auf den Aurlandsfjord und auf Flåm.
Es war ein ereignisreicher Tag und müde geht es zurück zu unserer kleinen Hütte.
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