Salkantay Trek
- corinnamatthiessen
- 16. Juli 2024
- 9 Min. Lesezeit
Der Salkantay Trek - ein Resümee
Der Salkantay-Trek von Mollepata aus ist eine weniger begangene Alternative zum Inka Trail. Der Weg führt über den 4.600 m hohen Pass El Paso bis hinunter in die warmen Nebelwaldregionen; den schneebedeckten Nevado Salkantay (6.271 m) stets im Blickfeld. Auf den oft steinigen, gewundenen Inka-Pfaden, die so zahlreich durch Perus andines Hochgebirge verlaufen, waren schon die Kuriere und Krieger des alten Volksstammes unterwegs. Aber was hat mich eigentlich dazu bewegt, mich für diesen Trek anzumelden? 74 km in 4 Tagen durchs peruanische Hochland? Und das mit einem Arthrose Zeh, Fersensporn, kaputten Knien, minimaler Wandererfahrung und Null Kondition.
4 Tage auf dem Salkantay Trek ....
4 Tage, in denen ich ...
... die Bedeutung des Wortes "Inka Flat" kennen gelernt habe.
... gelacht, geweint und Freudentränen geweint habe.
... mich gequält habe und an meine Grenzen gegangen bin.
... gefroren, geschwitzt und noch mehr gefroren habe.
.... von schneebedeckten Gletschern 1.600 Höhenmeter hinunter durch den Bergnebelwald und weiter in ein tropisches Paradies gewandert bin.
... auch gelernt habe, sich Grenzen einzugestehen und aufzuhören, wenn es nicht mehr geht.
... in denen ich unglaublich viele verschiedene köstliche Gerichte gegessen und unbekannte Früchte probiert habe.
... in denen ich aber vor eine allem eine atemberaubende Landschaft gesehen, unvergessliche Erlebnisse gehabt und nette Menschen kennengelernt habe.
Und am Ende bin ich in Macchu Picchu angekommen, nicht so, wie ich es mir vorstellt hatte, aber glücklich, um viele schöne Momente reicher und stolz, es überhaupt geschafft zu haben. Und ich habe es keinen Augenblick bereut, dieses Abenteuer angetreten und mich meinen Herausforderungen gestellt zu haben. Aber lest selbst.....
2.8.2019 Cusco - Mollepata - Challacancha - Soraypampa (3.869 m) 14 km
Jetzt wird es ernst. Um 3:30 Uhr schellt der Wecker und um 4:00 Uhr kommt Ronny, unser Guide, mich abholen. Wir sind alle noch sehr müde und wortkarg und schlafen noch ein wenig auf der zweistündigen Fahrt nach Mollepata. Es ist ja auch noch dunkel draußen. Beim ersten Tageslicht sehe ich dann, wo wir sind. Ziemlich hoch oben in den Anden bereits und in der Ferne blitzt unter der Wolkendecke kurz der sonnenbeschienene schneebedeckte Gipfel des Humantay durch. Wow, das ist es, wofür ich hier bin. Nach einem Frühstück in Mollepata schrauben wir uns auf einer Schotterpiste immer höher und höher die Berge hinauf. Das Panorama ist atemberaubend. In Challacancha, auf 3.650 m Höhe, beginnt der Trek. Inzwischen sind auch die Wolken verschwunden und die Sonne strahlt vom Himmel.
Anfangs bin ich noch guter Dinge, aber als es direkt sehr steil hoch geht, kann ich schon nicht mithalten und muss immer wieder anhalten und nach Luft japsen. Alle anderen sind schon lange entschwunden. Endlich oben auf 3.750 m angekommen treffe auf auf die Anderen und es geht direkt weiter. Wir folgen wir einem alten Wasserkanal der Inka. Es es eben und ich kann ein wenig durchschnaufen und relaxen. Jetzt geht's schon besser und ich bin wieder optimistisch. Das Panorama ist einfach nur wow. In der Ferne sieht man den schneebedeckten Gipfel des Berges Humantay.
Gegen Mittag erreichen wir nach ca. 8 km das Camp in Soraypampa und haben die Zeit bis zum Lunch zur freien Verfügung. Die letzten Meter habe ich mich schon ganz schön geschleppt und so genieße ich das herrliche Panorama von meinem Bett durch die Glaskuppel des Skydome.
Nach dem Lunch, der sehr sehr üppig ausfällt, vielseitig und extrem lecker ist haben wir nochmal 1 Stunde Zeit zum ausruhen. Danach beginnt der Aufstieg zum Humantay Lake auf 4.221 m Höhe unterhalb des Gletschers. Ich überlege lange, ob ich mir das zumuten kann, aber eigentlich bin ich ja deswegen hier. Und auf den Anblick des türkisblauen Sees vor dem Gletscher möchte ich eigentlich nicht verzichten, darauf habe ich mich sehr gefreut. Was soll ich sagen, der Weg ist echt herausfordernd, mit 400 Metern Höhenunterschied auf lediglich 4,3 km Strecke kommt der Aufstieg auf fast 10% Steigung. Ich wusste, es wird schwer. Und so quäle mich ziemlich langsam und mit unendlich vielen Pausen den Berg hinauf, alle anderen sind schon lange weg, nur Ronny muss auf mich warten. Das größte Problem für mich ist, dass ich keine Luft bekomme . Aber ich gebe nicht auf und erreiche überglücklich nach 1 1/2 Stunden das Ziel. Und da liegt er, der Humantay Lake, türkisblau schimmernd eingebettet vor schneebedeckten blau funkelnden Bergen. Je nach Wetter spiegelt sich die Natur wunderbar im klaren Wasser. Eindrucksvoll, auch wenn die Sonne sich seit meiner Ankunft verzogen hat und die türkisblaue Farbe leider nicht mehr intensiv zu sehen ist. Aber trotzdem genau der richtige Moment, um inne zu halten und die Macht und Stille dieser überwältigenden Natur zu genießen.
Der Abstieg fällt natürlich leichter, auch wenn er nicht gerade freundlich zu den Knien ist. Unten abgekommen geht es gleich zur Happy Hour mit Kaffee, Tee, Keksen und Popcorn. Und anschließend folgt direkt das Dinner, das gemäß peruanischen Verhältnisse wieder einmal einfach nur üppig und köstlich ist. Es wird bald kalt in dem ungeheizten Essensraum und so flüchten wir schnell in die Wärme unseres Schlafsacks und betrachten durch die Glaskuppel die Sterne. Es ist erst 20:00 Uhr, als das Licht ausgeht und wir zwangsläufig schlafen.
3.8.2019 Soraypampa / Salkantay Pass - Huayracmachay - Chaullay (22 km)
Die Nacht war lang, und kalt. Um 5:00 Uhr morgens weckt uns Ronny mit einem Coca Tee. Packen, frühstücken und um sechs Uhr Abmarsch. Zumindest für die anderen. Ich weiß, dass ich den steilen Anstieg wohl nicht schaffe nach meinen gestrigen Erfahrungen und habe mich für ein Pferd entschieden. Kein gutes Gefühl. Die anderen marschieren los und ich schaue schon ein wenig neidisch hinterher. Erst werde ich von einem Guide von Salkantay Trekking abgeholt, dann dann sitze ich mind. 20 Minuten vor einem Haus , es ist kalt und ich habe eisige Füße. Hoffentlich hat man mich nicht vergessen. Dann endlich holt mich ein Guide. Das Pferd sieht sehr klein aus, ob es mich den Berg hoch schafft? Es tut mir jetzt schon leid und ich bereue meine Entscheidung. Die beiden Guides ziehen ihm eine Augenbinde über und ich versuche zu protestieren. Aber keine Chance, wenn ich nicht das mache, was sie wollen, lassen sie mich einfach stehen. Das geben sie mir deutlich zu verstehen. Gott sei Dank nimmt der Pferdeführer die Binde nach dem aufsteigen wieder ab und ich entspanne etwas. Das kleine Tier ist zäh und trägt mich tatsächlich. Die Mulis hier sind das offensichtlich gewöhnt, tragen sie doch täglich die schweren Lasten den Pass rauf und runter. Das sehe ich auf meinem Weg nach oben zum Salkanty Pass die steilen Serpentinen hinauf. Es ist ein manchmal ein wenig haarsträubend, die Wanderer steigen auf, die Mulis rennen hinab, meist in Gruppen alleine ohne Guides. Mir ist allerdings schon peinlich, die Wanderer auf dem Pferd zu passieren und so grinse ich meist nur entschuldigend vor mich hin. Oben auf dem Salkantay Pass (4.638 m) warte ich auf die anderen und genieße das Panorama.
Die anderen allerdings kommen stinksauer oben an, weil Ronny einfach einen anderen Weg mit ihnen gegangen ist und ihnen so der berühmte "Trail of the Seven Snakes" entgangen ist. Immerhin bin ich den hochgeritten. Die Stimmung ist nicht gut. Trotzdem machen wir das obligatorische Passfoto.
Wir nehmen nicht den direkten Weg hinunter, sondern machen noch einen Umweg und klettern über Steine zum wunderschönen türkisblau schimmernden Salkantay Lake. Definitiv ein weiteres Highlight meiner Reise.
Dann starten wir den langen Abstieg nach unten. Es ist steil, steinig und man muss sich sehr konzentrieren. Nach einer Weile erreichen wir Wayracmachay (3.906 m), wo wir unseren Lunch einnehmen, der wie immer üppig und lecker ist. Danach geht es noch kilometerlang weiter runter bis auf 2.870 m. Die Landschaft verändert sich. Wir kommen von kargen Bergen in den andinen Hochnebenwald. In Andenes auf 3.489 m Höhe machen wir nochmal eine Pause. Ich bin schon ziemlich k.o. und versuche verzweifelt, dem Tempo der rasenden Franzosen zu folgen. Allerdings möchte ich ja auch die Landschaft genießen und Fotostops machen, was schwierig ist mit Ronny in meinem Schatten. Die letzten Meter ziehen sich wie Kaugummi. Ronny ist zum Glück vorgelaufen, um den anderen den Weg zum Camp zu zeigen. Und so kämpfe ich mich die letzten Kilometer zusammen mit einer Familie aus London den steinigen steilen Weg hinunter.
Das Camp in Chaullay ist sehr schön, Andean Huts, mit Dusche und WiFi. Die anderen machen noch eine Runde Ausgleichssport, während ich faule Socke lieber ausgiebig heiß dusche. Das Essen ist wieder spitze und anschließend führen die Franzosen noch Kartentricks vor. Wir haben viel Spaß bis wir um neun ins Bett gehen.
4.8.2019 Chaullay / Collpapampa - La Playa - Lucmabamba (18 km)
Es ist wieder 5 Uhr früh, als wir mit einem Tee geweckt werden. Im Dunkeln schnell die Sachen zusammen suchen, um 5:30 Uhr gibt es Frühstück. Ich gewöhne mich so langsam dran. Um 7:00 Uhr Abmarsch. 18 lange Kilometer liegen vor uns. Es ist bewölkt, in der Nacht hat es geregnet. Es geht rauf und runter, meist ziemlich kurze, aber knackig steile Anstiege, Inka Flat. Beim ersten harten Anstieg mache ich wieder schlapp und japse nach Luft. Auf die Frage, wie viele Anstiege mir denn noch bevorstehen, bekomme ich eine blöde Antwort von Ronny. Arrgghhhh, der Typ nervt. Hätte er mir gesagt, dass es sich immer mal wieder um steile, aber verhältnismäßig kurze Anstiege handelt, hätte ich damit leben können. Aber nie zu wissen wie lange es bergauf geht, hat mir schon den Tag versaut. Nach einem kleinen Zusammenbruch beiße ich die Zähne zusammen und kämpfe mich weiter durch die knackigen Anstiege hoch und anschließend wieder runter, über Brücken und an steilen Abbruchkanten entlang. Inka Flat.
An einem kleinen Stand gibt es Passionsfrucht und Maracuja zu kaufen. Genießerisch lassen wir uns die lecker Frucht auf der Zunge zergehen. So langsam habe ich das Gefühl, in einem tropischen Paradies zu sein: Schmetterlinge, Palmen und tropische Pflanzen. Ronny, bitte hetz nicht so und gib mir Zeit zum genießen dieser wunderschönen Landschaft.
So langsam scheuern die Zehen und mein Arthrose Zeh mag auch nicht mehr. "Already there" und "very soon" höre ich von Ronny. Und das ziemlich häufig. Und weiß, was das bedeutet, nämlich weiter und weiter laufen. Eine konkrete Antwort werde ich von ihm jedenfalls nicht bekommen. Also Zähen zusammenbeißen und weiterlaufen.
Irgendwann erreichen wir endlich die anderen. Puh, die haben aber auch ein Tempo drauf. Sie haben sich offensichtlich in den Kopf gesetzt, den Weg als schnellste Gruppe zu bewältigen. Ich brauche eine Pause. "Vamos" dröhnt es von Ronny. Wo bleibt meine Pause? Im nächsten Dorf, es sind noch ca. 45 min zu gehen, fragt Ronny, wer Taxi fahren möchte. Niemand. Pech, entweder alle oder keiner. Aber der Taxifahrer erbarmt sich dann doch meiner und so gelange ich bequem zum Camp mit den Jungle Domes und relaxe in der Hängematte, bis die anderen kommen.
Nach einer kurzen Pause fahren wir ca. 1 Stunde zum den Cocalmayo Hit Springs. Auf der Hinfahrt gibt es eine kurze Schreckensminute, als der Fahrer an einer Kreuzung ziemlich heftig eine hohe Bordsteinkante rammt. Der Schaden, der schon beträchtlich ist, wird erstmal ausgiebig begutachtet. Wir relaxen 2 Stunden in dem heißen Wasser, was den geschundenen Muskeln extrem gut tut.
Bald nach der Rückkehr ins Camp gibt es Happy Hour und anschließend Dinner. Wie immer ausgezeichnet!
Als kleinen Schreck in der Abendstunde finde ich erst eine riesige Spinne zwischen unseren Schuhen und dann jeweils einen dicken Käfer im Waschbecken. Dschungel eben. Weiß ich ja, was auf mich zukommt am Amazonas.
5.8.2019 Lucmabamba - Hidroelektrica - Aquas Calientes (0 km ! )
Leider heißt es Abschied nehmen vom schönen Jungle Camp. Und vom Küchenchef. Und so gibt es morgens um halb sechs schon eine fette Buttercremetorte.
Ich habe mich gestern entschieden, nicht die 6 km den Berg hinauf nach Llactapata (2.736 m) und anschließend wieder steil hinunter zu laufen. Mir tut alles weh und alleine der Gedanke an den Aufstieg erschreckt mich. Zwei der Mädels können aufgrund von Verletzungen auch nicht mit laufen und so fahren wir im Taxi zusammen mit dem Personal nach Hidroelektrica. Unterwegs machen wir allerdings einen merkwürdigen Abstecher ins Nirgendwo, um das Geld fürs Taxi (?) zu bezahlen und unseren warmen Lunch in die Hand gedrückt zu bekommen. Sehr merkwürdig. Es ist 8:00 Uhr morgens.
Hidroelektrika besteht aus einigen Souvenirläden und Restaurants entlang der Gleise. Unser Zug fährt um 14:50 Uhr. Es ist 8:30 Uhr. Viel Zeit tot zu schlagen. Wir beziehen Stellung in einem der Restaurants und warten. Und genießen das grandiose Panorama und das Treiben um uns herum.
Irgendwann kommen die anderen und starten ihren 10 km Marsch entlang der Gleise nach Aquas Calientes. Wir besteigen den Zug und genießen gemütlich die 50 minütige Fahrt durch die Panorama Fenster. Bin ich also doch im Zug nach Macchu Picchu gereist.
Am Bahnhof werden wir von Salkantay Trekking abgeholt und zu unserem Hotel Adventure House gebracht. Das Hotel ist ganz schön, mit großen Zimmern, allerdings direkt an den Gleisen.
Ich muss erstmal los meine Busfahrkarte nach Macchu Picchu für morgen besorgen und nutze die Zeit, um mir den sehr touristischen Ort Aquas Calientes anzuschauen. Aguas Calientes – was so viel bedeutet wie „heiße Quellen“, die sich übrigens knapp über dem Dorf befinden – ist nur über eine Schmalspurbahn von Cusco aus zu erreichen, es gibt bis heute keine Straßenverbindung. Der Ort bietet neben Macchu Picchu auch noch andere Sehenswürdigkeiten, leider bleibt mir hierfür keine Zeit. Um 18:00 Uhr haben wir Abschieds-Dinner in einem der zahlreichen Restaurants. Die Stimmung ist angespannt, wir diskutieren viel über unseren Guide und über das, was so alles schief gelaufen ist. Das Essen ist, verglichen mit den letzten Tagen, auch sehr bescheiden.
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